13. Mai 2015

Drei Steine und ein kleiner Koffer

Titelbild für Beitrag: Drei Steine und ein kleiner Koffer

Zur Verlegung der Stolpersteine
„Ich bin ein kleiner Koffer aus Frankfurt am Main und ich such` meinen Herren, wo mag er nur sein? Er trug einen Stern [...]“
Hermann Steinbock, Minna Steinbock und Charlotte Steinbock sind die Namen, welche man auf drei Messingsteinen nahe unserer Schule auf dem Gehweg lesen kann.

Diese drei Menschen trugen einen Stern, einen gelben Davidstern. Mit der Aktion Stolpersteine erinnert die Stadt Dessau-Roßlau an politisch verfolgte Menschen während des NS-Regimes.

Da drei dieser Steine nun in der Rabestraße verlegt worden sind, hat sich unsere Schule gern mit einigen Beiträgen an dieser Veranstaltung beteiligt. Ich rezitierte den Text „Ein Koffer spricht“ von Udo Lindenberg. Er erinnert ebenso wie die besagte Veranstaltung an ein Verbrechen der Deutschen, an welchem meine Generation keine Schuld trägt. Dennoch ist es wichtig bis heute die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Es handelte sich um ca. 80 Teilnehmer und ich denke, dass alle ebenso wie ich sehr emotional aufgewühlt waren. So musste ich doch einige Male einen Kloß herunter schlucken bevor ich anfing zu singen. Ich hoffe, dass noch viele Stolpersteine folgen werden. Sie sind ein kleines Zeichen gegen den Nationalsozialismus und halten die Erinnerung an die zahlreichen Opfer wach.

„Ein Koffer spricht“

Liedtext von Ilse Weber (geb. 1903 - ermordet 1944 in Auschwitz), Vertonung von Nizza Thobis
Ich bin ein kleiner Koffer aus Frankfurt am Main,
und ich such meinen Herrn, wo mag er nur sein,
er trug einen Stern, und war alt und blind,
und er hielt mich gut, als wär´ ich sein Kind.

Ich hab meinen Herrn begleitet, jahraus jahrein,
auch diesmal ging ich mit ihm, nun ist er allein,
er war alt und blind, wohin ist er gekommen,
und weshalb hat man mich ihm weg genommen?

Ich bin ein kleiner Koffer...

Warum bin ich auf dem Kasernenhof geblieben?
Sein Name steht doch auf meinem Kleid geschrieben.
Nun bin ich schmutzig, mein Schloss hält nicht mehr,
man hat mich geplündert, ich bin fast leer.
Nur ein Tuch ist noch da, ein Becher dabei,
seine kleine Blindentafel aus Blei,
alles ist fort, die Arzneien, das Brot,
er sucht mich gewiss, vielleicht leidet er Not

Ich bin ein kleiner Koffer...

Das muss schwer sein für einen Blinden,
mich in dem Stapel von Koffern zu finden,
ich kann es auch so schwer verstehen,
weshalb wir hier nutzlos zugrunde gehen.

Judith Antal, 13. Mai 2015